Sonntag, 6. November 2011

Ultimi Rimasti, Italien im Herbst 2011

Ultimi Rimasti, die letzten Übriggebliebenen. Italien als Reiseziel hat in den letzten Jahren durch die ganze Repression die die Ultras über sich ergehen lassen müssen seinen Reiz ziemlich verloren, farbenfrohe Kurven sind selten geworden, immer mehr legendäre Gruppierungen lösen sich auf. Auch wenn es wehtut in fast leeren Stadion zu stehen wo noch vor wenigen Jahren ganze Kurven voll waren, geschmückt mit geschichtsträchtigen Zaunfahnen und voll mit heissblütigen Ultras, war es für mich wieder mal Zeit auf dem Stiefel vorbeizuschauen. Weiss auch gar nicht wann ich das letzte mal für ein Spiel in Italien war, muss sicher schon 2 Jahre her sein. 2 Wochen Ferien resp. SG-Spielfreie Zeit und ansonsten kaum nennenswerte oder preisgünstig zu erreichende Spiele, also ging es in alter Stammbesetzung wieder mal nach Italia. Easyjet ab Genf für 80 CHF brachte Thomas F. und mich nach Neapel, leider nicht ohne eine rund 2 stündige Verspätung was bedeutete dass das Abendspiel in Cosenza nicht mehr rechtzeitig zu erreichen war. Dann halt mal wieder etwas durch Napoli latschen und Pizza geniessen, hat ja auch was. Mittwochs dann mit der Regionallbahn nach Nocera wo wir uns erstmals die Tickets für das Derby gegen Juve Stabia besorgten. Unser Nachtquartier schlugen wir aber im 10 km entfernten Salerno auf. Die Strecke Napoli-Salerno hat es wirklich in sich, für mich einfach ne geile Landschaft, links der Vesuv, rechts der Golf von Neapel mit seinen diversen Orten reich an Ultra-Geschichte. Torre del Greco, Torre Annunziata, Scafati, Angri, Pagani, Nocera, Cava de Tirreni, Städte die jeden Interessierten der Italienischen Ultra Kultur das Herz höher schlagen lassen… Die alte Liebe über Italien holte mich beinahe wieder ein auf dieser Fahrt.

Nocerina-Juve Stabia

Ein gutes Spiel heute Abend und ich hätte mich wohl wieder Hals über Kopf in dich verliebt, bella Italia! Doch ganz so wie früher sollte es dann nicht werden. Beide Vereine konnten im letzten Jahr den Aufstieg in die Serie B schaffen, die ganze Stadt Nocera ist auch immer noch gut von der Aufstiegsfeier geschmückt, so sieht man überall noch Fahnen in den Klubfarben und viele grosse B’s symbolisch für die Serie B! Hat schon was. Das Stadion war dann auch dementsprechend gut gefüllt, dürften gut 12000 Zuschauer gewesen sein, davon sicher 1500 aus Castellammare die Stabia. Offiziell durften eigentlich nur die Tesseratis fahren, jedoch hielt das die Ultras aus Stabia nicht davon ab mit einem Autokorso sich den Weg zum Stadion zu bahnen, wobei es anscheinend in der Innenstadt von Nocera auch noch kurz geknallt haben soll, mit Vorteilen für die Gäste. Wir bekamen davon aber nichts mit, waren wir doch schon relativ zeitig im Stadion. Die Non-Tesseratis fanden dann auch irgendwie Einlass ins Stadion und so kam man in den Genuss für ein in der heutigen Zeit leider selten gewordenen Derby mit beiden Fankurven. Die Erwartungen konnten dann aber während dem Spiel nur phasenweise erfüllt werden. Besonders von Nocerina hätte ich dann doch etwas mehr erwartet. War phasenweise (besonders nach den Toren) recht gut, trotzdem enttäuschte vor allem die Lautstärke etwas, auch das Liedgut hob sich nicht wirklich vom typischen Italia-Youtube-Liedgut ab (ohne dies schlecht zu reden). Zu Beginn der Partie strahlte das ganze Stadion im Schein der zu tausenden verteilten Leuchtkerzchen. Die Gäste, beflügelt durch die Führung konnten mich aber sehr überzeugen, war jetzt nicht durchgehend laut und melodiös, doch hatten sie viele längere Phasen die stark an die guten alten Zeiten erinnerten. Wenn man bedenkt das Trommeln und Megaphons zumindest auf Gästeseite verboten waren war das doch ein sehr feiner Auftritt!






Zurück in Salerno hiess es früh morgens Rucksack satteln und rasch rüber quer durch das Land an die Adria-Küste. An der Adria angekommen entschieden wir uns am spielfreien Donnerstag für etwas Kultur und sahen uns die Stadt Matera an. Die Stadt ist berühmt für ihre aussergewöhnliche Altstadt, besonders für ihre charakteristischen Höhlensiedlungen, die Sassi. Ich kann einen Besuch dieser wunderschönen Stadt nur wärmstens empfehlen!




Ostuni-Brindisi (Basketball)

Freitags war wieder mal Basketball angesagt. Brindisi-Derby. Resp Ostuni gegen Brindisi. Ostuni ist rund 30 km von Brindisi entfernt, tragen jedoch ihre Heimspiele in der gleichen Halle wie Brindisi aus. Ostuni ist im letzten Jahr in die Serie B aufgestiegen, Brindisi hingegen von der Serie A abgestiegen, so kams erstmal seit langem wieder zum Duell (mal abgesehn von 2 Duellen in der Coppa in der Vorbereitung zu dieser Saison). Das Stadion war dann auch gut gefüllt, waren wohl so 3500 Zuschauer. Zuschauer etwa 60 zu 40 für Brindisi, dafür war die Ultra-Gruppierung von Ostuni um Quantitativ und Qualitativ besser, waren da doch ständig 200 Mann am singen. Bei Brindisi höchsten 30 Leute, dafür stieg das restliche Publikum hier öfters mit ein in die Gesänge. Schön auch die beiden Choreo’s. Brindisi mit ner einfachen aber im Gesamtbild gut aussehender Blockfahne (Stern mit Spruchband Stella del Sud) garniert mit Fähnchen in Blau-Weiss. Die blau-gelben aus Ostuni mit etwas aufgefeilterer Choreo, mittels kleinen Kartonen wurde die Stadt nachgebildet, klappte dann nicht ganz, sah aber trotzdem ganz ok aus. Stimmungsmässig wars dann schon sehr gut. Vorallem Ostuni überzeugte mit durchgehendem lauten Support und vor allem wunderschönen teils unbekannten Liedern, wohingegen Brindisi eher auf den Standardgesang setzte. Das sehr emotionsvolle Spiel führte dann gar zu kleineren Meinungsverschiedenheiten der beiden Ultra-Gruppierungen in der Pause hinter der Tribüne. Das Spiel hatte also alles was man sich wünschte! Nach einem harten Kampf konnte Brindisi das Spiel knapp für sich entscheiden, zu unserem Leidwesen, hatte Ostuni und ihre Kurve doch unsere Sympathien gewinnen können.






Pescara-Cittadella

Samstag früh dann der Küste entlang rauf nach Pescara wo Schoch bereits auf uns wartete, leider ohne Michi der leider nicht mitkommen konnte (ULTRAS LIBERI!). In Pescara verliess uns dann vorübergehend auch das sommerliche Wetter, so begleitete uns das Wochenende über kaltes und ständig nasses Wetter. Nichtsdestotrotz begaben wir uns frohen Mutes auf die Distinti des Stadios Adriatico in Pescara. Pescara war für mich immer eine der wenigen Kurve die trotz der ganzen Repression Ihr Niveau auf einem guten Level halten konnten. So war ich dann etwas enttäuscht ab der Darbietung der Rangers Pescara, war zwar schon ok, sangen rund 200, 300 Ultras durchgehend, nur fehlte da einfach das gewisse etwas, war etwas gar emotionslos. Spiel riss uns auch nicht wirklich vom Hocker. Nach dem Spiel noch etwas das Nachtleben in Pescara genossen machten wir uns am Folgetag auf den kurzen Weg nach San Benedetto del Tronto.




Sambendettese-Teramo

Der hier ansässige Verein Sambendettese lud zum Derby in der Serie D gegen Teramo, ohne Gästeverbote und den ganzen Tessera Scheiss (gilt ja nur bis Serie C2). Da war man doch gespannt, Samba ja eh ne tolle Kurve (auch heute noch) und Teramo hat bei mir immer noch ein Top-10 Platz der besten Gästeauftritte inne vom Derby bei Giulianova. Kleine aber feine Szene. Und obwohl sich die Devil Korps vor Jahren bereits aufgelöst hatten fahren seit rund einem Jahr die Ultras wieder, einfach unter keinem Gruppennamen sondern solo per la città. 500 warens dann schlussendlich, davon beteiligten sich rund 90% am Tifo. Dementsprechend kompakt und laut war deren Auftritt. Heimseite mit nahezu voller Kurve. Diese vollgepflastert mit kleinen Zauhfahnen (auch NBU Freiburg war vor Ort, einer derer Gründer stammt ja glaubs aus San Benedetto) und zu Beginn auch mit kleinerer Rauchshow. Support dann auch recht gut, teilweise zog die ganze Kurve mit, aber leider nicht allzu oft, oft war halt auch nur ein kleiner Teil am singen. Trotzdem für Serie D ein Topspiel. Zumindest in den Ligen unterhalb der Serie C2 ist halt die (Ultra)welt noch in Ordnung.




Rimini-Alessandria

Thomas F. verabschiedet, den es zur Arbeit zieht, zogen Schoch und ich tags darauf weiter nach Rimini. Die Touri-Stadt schlechthin in Italien war bereits im Herbst fast wie ausgestorben, doch die Clubs und Bars der Stadt waren ja nicht unser Grund der Reise, Rimini-Alessandria war das Topspiel der Serie C und somit Montagsspiel. Gäste aus Alessandria waren keine auszumachen, auf Heimseite konnten sich rund 250 Mann für das Spiel motivieren. Die waren dann auch wirklich top motiviert und schreiten sich die Lunge aus dem Leib. Melodiöse Lieder kombiniert mit kurzen und lauten Schlachtrufen, so hab ichs gerne!

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Carrarese-Fidelis Andria

Dienstag wurde genutzt um wieder die Küste zu wechseln, Pisa hiess unser Domizil für die nächsten Tage und auch das Wetter bescherte uns wieder sommerliche Temperaturen. Mittwochs kurzen Ausflug nach Carrara gemacht um das Spiel Carrarese-Fidelis Andria beizuwohnen. 7 Non-Tesserati aus Andria die sich auf den Weg fast quer durch Italien machten um ne klare Niederlage abzuholen. Respekt. Auf der Heimseite sinnloserweise 3 Supportergruppe, in der Kurve noch mit 70 Mann die grösste und am durchgängigsten supportende, trotzdem war das nix. Zurück in Pisa gings sogleich zum Stadion für die Partie Pisa-Como wo es dann aber leider keine Tickets mehr zu kaufen gab… Ticketschalter schloss 2 Stunden vor Anpfiff, wie dämlich ist denn dass… Trotzdem ein Anfängerfehler von uns, so schau ich mir doch zur Sicherheit eigentlich vor jedem Spiel auf der Homepage das genaue Prozedere des Ticketverkaufs an, muss ich hier aber leider überlesen habe… Bitter vorallem für Schoch da er das erste mal hier war, ich habe Pisa immerhin schon 2 mal mit voller Kurve sehen dürfen. Schon unglaublich wie sinnlos der Ticketverkauf in Italien inzwischen läuft. Bei Pescara bereits und auch in Carrara standen wir mindestens ne Stunde an um uns ein Ticket zu kaufen. Mühevoll müssen die ganzen Daten (Passnummer, Name etc) angegeben werden, kein Wunder dauert dies so lange. Den Sinn dahinter versteht aber wohl so ziemlich niemand. Wehmütig denke ich wieder an die guten alten Zeiten als man selbst fürs Roma oder Genua Derby problemlos ne halbe Stunde vor Anpfiff noch Tickets kaufen konnte (zumindest auf dem Schwarzmarkt).
Schoch musste nun natürlich seinen Frust resp. Lust los werden, da kam die Erotik-Messe in Pisa am Donnerstag Abends gerade richtig. Nach einem relaxten Tag in Viareggio am Strand begutachteten wir uns die News der Branche...

Vicenza-Hellas Verona

Freitag wär eigentlich Varese-Padova geplant gewesen, da der Ticketverkauf für das Derby Vicenza-Hellas Verona aber bereits am Freitag schliessen sollte (wieder so ne dämliche Einschränkung) begaben wir uns halt auch schon am Freitag in die hübsche Kleinstadt Vicenza. Am Spieltag dann sah man schon am Morgen kleinere Grüppchen von Vicenza Ultras durch die Innenstadt schlendern. Bei herrlichen spätsommerlichen Temperaturen genossen wir dann auf der Distinti den Blick auf die sich früh füllenden Kurven. Offiziell waren 1200 Gäste aus Verona zugelassen, schlussendlich waren es dann aber sicher fast 2000. Mit dem faden Beigeschmack dass dies alles Tesseratis waren… Hellas ist ja leider eine der wenigen Szenen die die Tessera angenommen haben. Dafür gab es desöfteren Schmähgesänge aus der proppenvollen Heimkurve. Supportmässig gings dann auch grad mächtig los, Vicenza immer wieder mit lauten Schlachtrufen und was Hellas an diesem Tag bot war für die heutige Zeit wohl vom allerfeinsten. Mit ihrem für Italien einzigartigen Supportstil (eine Mischung englisch und italienischen Liedern) rockten sie das Stadion und hatten absolute Stimmungshoheit, obwohl auch Vicenza nicht wirklich einen schlechten Tag hatten. Dafür konnte die heimische Elf das Geschehen auf dem Platz kontrollieren und sicherte sich den verdienten Derbysieg. Für uns hiess es danach Abschied nehmen von Bella Italia, natürlich nicht ohne die gewohnte Verspätung des Cessoalpino… ähh Cisalpino…






Avanti Ultras!