Ein steter Begleiter meiner Reisen in den letzten Jahren
nach Süditalien ist der letzte Nachtzug
am Freitag Abend von Milano Porta Garibaldi nach Salerno. Dieser ist nicht nur
der letzte Nachtzug der Mailand in Richtung Süden verlässst, brauche darum
jeweils nicht mal Urlaub einzugeben, er ist
meist auch erst noch der günstigste aller Nachtzüge da er nicht vom Centrale
fährt. Ich reise halt einfach tausend mal lieber auf den Schienen als über den
Luftweg. Ziel dieses Ausfluges waren zwar keine neue Stadien oder Orte, jedoch
mit Salernitana-Bari ein äusserst attraktives Spiel. Zudem freute ich mich auch
auf das Gastspiel von Crotone bei Avellino, hatte ich doch Crotone erst einmal
im 2005 bei Arezzo gesehn, wo sie allerdings keinen bleibenden Eindruck
vermittelten. Dieses Jahr nun steht der Verein aus Kalabrien jedoch bereits mit
einem Bein in der Serie A und auch die Szene hat einen grossen Aufschwung
hinter sich, darum erhoffte ich mir doch einen schönen Gästemob beim Gastspiel
in Avellino. Schlussendlich waren es dann rund 300, welche zwar relativ
spielunbezogen, jedoch durchgängig und geschlossen supporteten. Bei den
grün-weissen ist die grosse Euphorie nach dem Aufstieg vor 1.5 Jahren und den
grossen Spielen gegen Salerno allmählich verflogen, die Kurve war nicht mehr
ganz so gut gefüllt wie auch schon und der Support dann doch eher beschaulich.
Das Spiel, ein katastrophales 0-0, trug zur etwas trägen Stimmung auf der
Heimseite bei.
Mit dem Linienbus ging es zurück nach Salerno wo bei meiner
Ankunft im Stadio Arechi 30 Minuten vor dem Spiel das Stadion bereits gut
gefüllt war. Der ganze untere Teil der Gästekurve war bereits voll (die 2800
Tickets gingen innert 24 Std. weg) und auch auf der Haupt- und Gegentribüne
waren viele rot-weisse anzutreffen. Insgesamt dürften es dann etwa 5000 Baresi
gewesen sein. Aber auch sonst war das Stadion ausgesprochen gut gefüllt und das
ganze Stadion war heiss auf die Partie welche für beide Teams ein sehr
wichtiges war, steckt doch Salerno tief im Abstiegsstrudel und Bari kämpft noch
um die Playoff-Plätze. Gefeiert wurde heute aber vor allem die Freundschaft der
beiden Vereine resp. den Fangruppierungen, welche inzwischen seit 1983 besteht
und wohl eine der am intensivsten gelebten Freundschaft auf dem Stiefel ist.
Symbolisch wurde auf der Heimseite eine herausragende Choreo über die ganze Tribüne
gezeigt und die Seguaci della Nord liessen Rauchsäulen in den Farben der Klubs
in den Nachthimmel steigen. Dazu immer wieder Freundschaftsgesänge des ganzen
Stadions. Auch in den folgenden 90 Minuten folgten immer wieder Freundschaftsbekundungen
der beiden Gruppen, resp. eigentlich des ganzen Stadions. Tifomässig war
Salerno in der 1. HZ klar lauter und mit wunderschönen Liedern, während in der
2. HZ die Gäste ganz klar tonangebend waren. Dazu trug natürlich das absolut
geile Spiel bei, was schlussendlich die Gäste mit 4-3 für sich entscheiden
konnten, nachdem Salerno zuerst ein 1-3 aufholen konnten. Leider gelang der
Granata der verdiente Ausgleich nicht und man steckt nun noch tiefer im
Abstiegsstrudel. Ein Abstieg wäre sehr bitter für diesen Verein mit seiner
faszinierenden Tifoseria. Mit einem 4-4 wären wohl auch alle recht zufrieden
gewesen, nun aber waren auf Heimseite wütende Gesänge gegen die Mannschaft und
den Trainier (oder Präsidium?) zu hören, welche sich dann aber rasch wieder in
Freundschaftsgesängen umwandelten. Lange feierten die beiden Fangruppierungen danach
in und vor dem Stadion noch Ihre Brüderschaft. Schon einzigartig wie intensiv die
ganze Freundschaft von wirklich allen Teilen der Fanszene gelebt wird.
Genau wegen solchen Spielen, mit solcher Leidenschaft und Liebe
zum Spiel und ihrem drumherum, mit einer solchen Lebensfreude und einer solchen
Emotionalität, genau darum hab ich mich vor knapp 15 Jahren in dieses Land, in
den Calcio hier verliebt, und genau darum fahre ich auch heute noch am
allerliebsten nach Italien. Wenn dann das Wetter noch stimmt, du am nächsten
Tag das Frühstück auf der Terrasse mit Blick über die pittoreske Altstadt
Salernos und den Golf von Salerno geniesst, danach auf der Rückfahrt im Zug
quer durch Italien die aktuellen und wieder deutlich farbenfroher gewordenen
Fans Magazine’s und Supertifo’s studierst, dabei Stopp machst an vielen Orten
wo historische Gruppen beheimatet sind, dir ne letzte leckere Pizza beim Umstieg in
Mailand gönnst, ja dann ist die Welt für mich in Ordnung und bin einfach nur
froh solche Momente immer (wieder) erleben zu dürfen!
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